Fristlose Kündigung im Mietrecht

BGH, Urteil vom 19.09.2018 – VIII ZR 231/17, NZM 2018, 941

  1. Für den Fall einer rechtzeitigen Schonfristzahlung oder Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle hat der Gesetzgeber mit § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB die gesetzliche Fiktion geschaffen, dass die zuvor durch eine wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 II 1 Nr. 3 BGB) bewirkte Beendigung des Mietverhältnisses rückwirkend als nicht eingetreten gilt.
    Liegen obige Voraussetzungen des § 569 III Nr.2 BGB vor, dann entfallen damit nicht nur für die Zukunft die durch die fristlose Kündigung ausgelösten Räumungs- und Herausgabeansprüche, sondern das Mietverhältnis ist als ununterbrochen fortbestehend zu behandeln.
  2. Kündigt ein Vermieter ein Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzugs (§ 543 II 1 Nr. 3 BGB) fristlos und hilfsweise oder vorsorglich ordentlich (§ 573 I, II Nr. 1 BGB), so bringt er damit zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung in allen Fällen wirken soll, d.h. auch dann wenn die fristlose Kündigung infolge einer entweder schon bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen oder nachträglich gem. § 543 II 3 BGB (unverzügliche Aufrechnung durch den Mieter) oder gem. 569 II Nr. 2 BGB (Schonfristzahlung oder behördliche Verpflichtung) rückwirkend eingetretenen Unwirksamkeit fehlgeschlagen ist. Es gilt dann immer noch die ordentliche Kündigung.
  3. Ob sich der Vermieter, wenn er auf einen erstmaligen, zur fristlosen Kündigung berechtigenden Zahlungsrückstand binnen weniger Tage die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des langfristig beanstandungsfrei geführten Mietverhältnisses erklärt, dann treuwidrig verhält, indem er nach promptem Zahlungsrückstandsausgleich (respektive Aufrechnung des Mieters oder Verpflichtungserklärung der zuständigen Stelle) an seiner hilfsweisen ordentlichen Kündigung – deren Berechtigung unterstellt – festhält, ist in Ansehung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu klären.