Frage: Sehr geehrte Rechtsanwältin Frau Schübel,

ich bin seit 32 Jahren Firmeninhaber und Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens aus der Druckvorstufe.
Wegen dem Internet verzeichnen wir seit Jahren rückläufige Zahlen, was sich nunmehr auf die komplette Betriebsführung auswirkt.
Im Moment beschäftige ich sechzehn Personen und muss mich von vier Mitarbeitern trennen, um den Betrieb wirtschaftlich fortführen zu können. So leid es mir tut.
Gibt es in so einem Fall eine Regelung (Sozialplan) oder Vorschriften, die zu beachten sind?

Ich möchte mich bereits jetzt für Ihre Antwort bedanken.

 

Antwort zu: Betriebsbedingte Kündigung – Entlassung Mitarbeiter

Da Sie 16 Mitarbeiter beschäftigen, könnte im Falle der geplanten betriebsbedingten Kündigungen das Kündigungsschutzgesetz für die jeweils betroffenen zur Anwendung kommen.

Bei der Frage der Anwendbarkeit des KSchG wäre zunächst folgendes zu beachten:

Nach §§ 1, 23 KSchG gilt das KSchG sofern in dem betreffenden Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, wobei die Beschäftigung von Teilzeitbeschäftigten sich rechnerisch wie folgt auswirkt:
Beschäftigte mit bis zu einschließlich 20 Wochenstunden gelten als ½ Arbeitnehmer
Beschäftigte mit bis zu einschließlich 30 Wochenstunden gelten als 3/4 Arbeitnehmer
Beschäftigte mit über 40 Wochenstunden gelten als 1 voller Arbeitnehmer

Der Betriebsinhaber, Geschäftsführer oder Auszubildende werden dabei nicht berücksichtigt.

Nach dieser Zählweise müssen also 10,25 Arbeitnehmer im Betrieb bei Zugang der Kündigung beschäftigt sein, damit das KSchG greift.

Da Sie seit über 32 Jahren Ihren Betrieb führen, und einige Ihrer Mitarbeiter daher schon lange Zeit bei Ihnen sein dürften, weise ich vorsorglich auch im Hinblick eventuell weiterer noch anstehender Kündigungen auf folgende Ausnahmen des § 23 I KSchG hin:

§ 23 I S. 3 lautet:
In Betrieben ….., in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer …. beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

Das bedeutet in der Praxis:
Bis zum 31.12.2003 war das KSchG also schon anwendbar bei mehr als nur 5 (d.h. mindestens 5,25) Arbeitnehmern. Ein Mitarbeiter, der also bereits damals Kündigungsschutz nach dem KSchG erworben hatte, behält diesen auch für die Zukunft, sofern mit ihm im Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch mehr als 5 A l t- Arbeitnehmer beschäftigt sind. Sind allerdings schon weitere Altmitarbeiter aus dem Betrieb ausgeschieden und daher der Schwellenwert auf 5 oder weniger gesunken, so verlieren alle anderen Altarbeitnehmer ihren bisher erworbenen Kündigungsschutz und sind dann nur noch nach dem neuen Wert von 10,25 Arbeitnehmern zu beurteilen.

In Ihrem Falle wäre daher jeder zu kündigende Mitarbeiter zunächst auf seine Betriebszugehörigkeit zu überprüfen, d.h. Beschäftigung im Betrieb ohne Unterbrechung von länger als sechs Monaten (§ 1KSchG) sowie obige Mitarbeiteranzahl (§ 23 KSchG) von entweder mehr als 10,25 bzw. bei Altarbeitnehmern u.U. von mehr als 5,25 Arbeitnehmern.

Ist das KSchG anwendbar, so ist ferner folgendes zu beachten:
Damit die geplante ordentliche Kündigung wirksam ist, bedarf es eines gesetzlichen Kündigungsgrundes: Nach dem KSchG sind das betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe.

Eine betriebsbedinge Kündigung ist wirksam, wenn dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters entgegenstehen und die Fortführung des Arbeitsverhältnisses daher nicht mehr möglich ist. Dies kann z.B. der Fall sein bei Umstrukturierung, Betriebsstillegung, Insolvenz etc.

Für eine solche Kündigung müssen also folgende Voraussetzungen gegeben sein:
a) Betriebliche Erfordernisse, d.h. unternehmerische Entscheidung, die zum dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes führt, wobei Umsatzrückgang und Einsparungen nicht ausreichen
b) Dringlichkeit, es darf also keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung – auch auf einem anderen (unbesetzten, vergleichbaren, oder auch nach Umschulung / Fortbildung besetzbaren) Arbeitsplatz geben
c) Bei Interessenabwägung zwischen Beendigung und Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss das Beendigungsinteresse überwiegen
d) Fehlerfreie Sozialauswahl, d. h. nur die Arbeitnehmer können gekündigt werden, die am wenigsten schutzbedürftig sind, § 1 I – III KSchG. Der Arbeitnehmer hat also bei seiner Auswahl, wem er kündigen will, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter, die Unterhaltsverpflichtungen sowie eine Schwerbehinderung des Mitarbeiters zu berücksichtigen. Schlechte Karten hat also immer ein junger, erst kürzlich beschäftigter, gesunder Arbeitnehmer ohne Unterhaltsplichten. Hierzu kann ich Sie gerne näher beraten.

Ferner muss – sollte bei Ihnen ein Betriebsrat bestehen – vor der Kündigung dieser angehört worden sein, § 102 BetrVG.

Nach der Definition in § 112 I 2 BetrVG ist ein Sozialplan eine schriftliche Einigung zwischen Arbeitsgeber und Betriebsrat über Ausgleich bzw. Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung (§ 111 BetrVG) entstehen. Diese ist allerdings erst bei Betrieben mit mehr als 20 (BR)-wahlberechtigten Mitarbeitern interessant. Zwar ist nach § 112 a BetrVG ein Sozialplan bei Personalabbau erzwingbar, aber nur wenn in Betrieben mit weniger als 60 Mitarbeitern 20% , mindestens aber 6 Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen.

Für den Fall, dass bei einem Arbeitnehmer das KSchG noch nicht eingreift, gilt folgendes:
Nach dem BVerfG und dem BAG ist eine Kündigung außerhalb des KSchG nach § 242 BGB i.V.m. Art. 12 Abs.1 und Art. 3 S. 2 GG ebenfalls (ausnahmsweise) unwirksam, wenn eine fehlerhafte Interessenabwägung vorliegt, d.h. der Arbeitgeber das Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme nicht beachtet hat. Der Arbeitnehmer muss allerdings darlegen und beweisen, warum die Kündigung nach Treu und Glauben unwirksam ist.

Formal ist bei jeder Kündigung zu beachten, dass sie nach § 623,126 BGB schriftlich zu erfolgen haben, d.h. sie muss vom Aussteller eigenhändig unterzeichnet sein und im Original dem gekündigten Arbeitnehmer zugehen. Eine Zusendung per Fax oder e-mail reicht nicht aus und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben, so können diese gerne bei einem gemeinsamen Termin in meiner Kanzlei geklärt werden.

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit den Anforderungen an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung des Vermieters befasst.

Die Beklagten sind seit dem Jahr 1999 Mieter einer 158 qm großen Wohnung der Kläger in Essen. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 erklärten die Kläger die Kündigung* des Mietverhältnisses mit der Begründung, ihre Tochter, die bisher eine 80 qm große Wohnung in der benachbarten Doppelhaushälfte bewohne, benötige die größere Wohnung der Beklagten, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen.

Die vom Senat zugelassene Revision, mit der die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstreben, hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es nicht erforderlich war, den Lebensgefährten in dem Kündigungsschreiben namentlich zu benennen. Das Begründungserfordernis in § 573 Abs. 3 BGB* soll gewährleisten, dass der Kündigungsgrund derart konkretisiert ist, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann. Diese Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung* nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, denn eine Auswechselung des Kündigungsgrundes ist dem Vermieter verwehrt. Im Falle der Eigenbedarfskündigung genügt es, die Eigenbedarfsperson – hier die Tochter – identifizierbar zu benennen und das Interesse darzulegen, das diese an der Erlangung der Wohnung hat. Insoweit reicht die Angabe, dass die Tochter in die größere Wohnung der Beklagten ziehen wolle, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen.

* § 573 BGB

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. (…)

Urteil vom 30. April 2014 – VIII ZR 107/13

AG Essen – Urteil vom 26. April 2013 – 19 C 459/13

LG Essen – Urteil vom 8. August 2013 – 10 S 244/13

Karlsruhe, den 30. April 2014

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Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 30.04.2014.

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Wirksamkeit einer Vereinbarung beschäftigt, die dem Vermieter gestattet, während des laufenden Mietverhältnisses die Kaution zur Befriedigung streitiger Forderungen zu verwerten.

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung des Beklagten. Vereinbarungsgemäß zahlte die Klägerin 1.400 € auf ein Kautionskonto. Eine Zusatzvereinbarung der Parteien zum Mietvertrag bestimmt: „Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag zu erhöhen…“ Als die Klägerin später eine Minderung der Miete geltend machte, ließ sich der Beklagte während des laufenden Mietverhältnisses das Kautionsguthaben auszahlen. Die Klägerin verlangt, den Betrag wieder dem Kautionskonto gutzuschreiben und insolvenzfest anzulegen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, blieb ohne Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Beklagte nicht berechtigt war, die Kaution während des laufenden Mietverhältnisses wegen der von der Klägerin bestrittenen Mietforderungen in Anspruch zu nehmen. Das Vorgehen des Beklagten widerspricht dem in § 551 Abs. 3 BGB* zum Ausdruck gekommenen Treuhandcharakter der Mietkaution. Gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Insolvenz des Vermieters ungeschmälert zurückerhält, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die hiervon zum Nachteil der Klägerin abweichende Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag ist deshalb gemäß § 551 Abs. 4 BGB unwirksam.

* § 551 BGB

(…)(3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist* üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. (…)

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Urteil vom 7. Mai 2014 – VIII ZR 234/13

AG Bonn – Urteil vom 21. November 2012 – 201 C 361/12

LG Bonn – Urteil vom 25. Juli 2013 – 6 S 200/12

Karlsruhe, den 7. Mai 2014

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Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2014.

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein Mieter, der einen Brand in der gemieteten Wohnung leicht fahrlässig verursacht hat, die Beseitigung des Schadens vom Vermieter verlangen kann, wenn der Schaden durch eine Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist, deren Kosten der Mieter getragen hat.

Die Kläger begehren von der Beklagten, ihrer Vermieterin, die Beseitigung eines Brandschadens in der von ihnen gemieteten Wohnung. Darüber hinaus begehren sie die Feststellung, bis zur Beseitigung dieses Schadens zu einer Minderung der Miete berechtigt zu sein. Brandursache war, dass die damals 12-jährige Tochter der Kläger am 7. März 2012 Öl in einem Kochtopf auf dem Herd erhitzt, sodann die Küche bei eingeschalteter Herdplatte zeitweise verlassen und sich das Öl währenddessen entzündet hatte. Die Haftpflichtversicherung der Kläger verwies die Beklagte an deren Gebäudeversicherung. Eine Inanspruchnahme ihrer Gebäudeversicherung – deren Kosten nach dem Mietvertrag anteilig auf die Kläger umgelegt werden – lehnte die Beklagte jedoch mit der Begründung ab, dies führe zu einem Ansteigen der Versicherungskosten für den Gesamtbestand ihrer Mietwohnungen. Auch die von den Klägern geforderte Beseitigung des Brandschadens lehnte die Beklagte ab, da ein Mieter, der Mietmängel schuldhaft verursacht habe, weder einen Mangelbeseitigungsanspruch noch eine Minderung der Miete geltend machen könne.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten – die zwischenzeitlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Brandschäden beseitigt hatte – ist weitgehend erfolglos geblieben; das Berufungsgericht hat lediglich die Minderungsquote herabgesetzt und mit Rücksicht auf einen für die Schadensregulierung benötigten Zeitraum den Beginn der Minderung später angesetzt.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Mieter erwarten, als Gegenleistung für die (anteilig) von ihm getragenen Versicherungsprämien im Schadensfall einen Nutzen von der Versicherung zu haben. Deshalb ist ein Rückgriff des Versicherers auf den Mieter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch einen stillschweigenden Regressverzicht ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Wohngebäudeversicherung in Anspruch nimmt, so dass der Mieter im Ergebnis so steht, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen. Der Vermieter hat dagegen im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, anstelle der Versicherung den Mieter in Anspruch zu nehmen. Vielmehr ist der Vermieter aufgrund dieser Interessenlage regelmäßig verpflichtet, auf die Versicherung zurückzugreifen oder gegenüber dem Mieter auf Schadensersatz zu verzichten.

In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr entschieden, dass der Mieter (hier die Kläger) in einem derartigen Fall vom Vermieter auch die Beseitigung der Brandschäden verlangen und gegebenenfalls die Miete mindern kann; die Revision der Beklagten ist deshalb zurückgewiesen worden.

Den Vermieter trifft nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB* die Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Diese Pflicht entfällt zwar grundsätzlich, wenn der Mieter den Schaden selbst schuldhaft verursacht hat. Dies gilt nach der heutigen Entscheidung aber nicht, wenn – wie hier – eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung besteht, deren Kosten auf den Mieter umgelegt worden sind. In diesem Fall ist der Vermieter grundsätzlich gehalten, die Versicherung in Anspruch zu nehmen und den Schaden zu beseitigen. Denn der Mieter kann auch in dieser Konstellation erwarten, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zu Gute kommen.

Der Senat hat offen gelassen, ob der Vermieter ausnahmsweise nicht auf die Inanspruchnahme der Versicherung verweisen werden kann, wenn damit eine erhebliche Erhöhung der Versicherungsprämien verbunden wäre, denn es fehlte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit an einem konkreten Vortrag der Beklagten hinsichtlich einer zu erwartenden Beitragserhöhung.

* § 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

(1) (…) Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. (…)

Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 191/13

AG Euskirchen – Urteil vom 8. November 2012 – 4 C 188/12

LG Bonn – Urteil vom 13. Juni 2013 – 6 S 188/12

Der Beklagte ist seit Juli 2006 Mieter eines Hauses der Klägerin. Am 16. August 2012 suchte die Klägerin den Beklagten vereinbarungsgemäß auf, um zwischenzeitlich installierte Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Klägerin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Beklagten auch Zimmer zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Beklagten, das Haus zu verlassen, kam die Klägerin nicht nach. Daraufhin umfasste der Beklagte die Klägerin mit den Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalls erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2012 die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung* des Mietverhältnisses.

Die von der Klägerin erhobene Räumungsklage ist vor dem Amtsgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Räumungsantrag stattgegeben. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass die von der Klägerin erklärte Kündigung* weder als fristlose Kündigung* (§ 543 Abs. 1 BGB*) noch als ordentliche Kündigung* (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB*) wirksam ist. Die Parteien hatten verabredet, dass die Klägerin (lediglich) die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Klägerin nicht berechtigt. Indem sie dies gleichwohl – gegen den Willen des Beklagten – durchzusetzen versuchte und seiner Aufforderung, das Haus zu verlassen, nicht nachkam, hat sie das Hausrecht des Beklagten verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen, die das Berufungsgericht bei seiner Abwägung rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt hat. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten waren, hat der Senat unter Aufhebung des Berufungsurteils in der Sache selbst entschieden und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.

Angesichts der Gesamtumstände, insbesondere des vorangegangenen pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin, stellt das mit der Kündigung* beanstandete Verhalten des Beklagten – selbst wenn er damit, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die Grenzen erlaubter Notwehr (geringfügig) überschritten haben sollte – jedenfalls keine derart gravierende Pflichtverletzung dar, dass der Klägerin deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnis nicht zugemutet werden könnte (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch von einer Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.

* § 543 BGB Außerordentliche fristlose Kündigung* aus wichtigem Grund

(1) Jede Partei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist* oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(…)

  • 573 BGB Ordentliche Kündigung* des Vermieters

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. (…)

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

  1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (…).

Urteil vom 4. Juni 2014 – VIII ZR 289/13

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler – Urteil vom 24. April 2013 – 32 C 666/12

LG Koblenz – Urteil vom 19. September 2013 – 14 S 57/13

Karlsruhe, den 4. Juni 2014

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

 

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2014.

Frage: Es treten vermehrt Mandanten, welche sich verändern und daher ihr Arbeitsverhältnis kündigen möchten, mit der Frage an mich heran, was sie denn dann als Abfindung von ihrem Arbeitgeber verlangen können.
Enttäuschung macht sich breit, wenn sie erfahren, dass eine Abfindung nur eine freiwillige einmalige Leistung des Arbeitgebers für den unverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes ist.
Da es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, besteht auf Zahlung einer Abfindung kein Rechtsanspruch. Das ist vielen Arbeitnehmern nicht bekannt. Sie gehen vielmehr davon aus, dass ihnen eine solche in jedem Fall zusteht.
Aber auch sogar wenn der Arbeitgeber selbst gegenüber seinem Mitarbeiter eine Kündigung ausspricht, besteht kein Anspruch auf eine Abfindung.

Nur wenn in Sozialplänen oder Tarifverträgen oder gar einzelvertraglich im Arbeitsvertrag die Zahlung einer Abfindung vereinbart wurde, besteht ausnahmsweise darauf ein Anspruch.
Abfindung bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses

Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch “loswerden“ möchte, eine Kündigung jedoch unwirksam wäre, weil für den Arbeitnehmer Kündigungsschutz, z.B. nach §§ 1, 23 oder 15 KSchG, § 2 SGB IX oder § 9 MuSchG besteht, können die Parteien vertraglich vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst/beendet wird.

Auch kann der Arbeitgeber in Verbindung mit einer betriebsbedingten Kündigung die Zahlung einer Abfindung anbieten, § 1a KSchG, sofern der Arbeitnehmer auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Die Abfindung beträgt dann ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Der Arbeitgeber muss hierfür allerdings im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen haben: Kündigung erfolgt aus betriebsbedingten Gründen und Abfindung wird nur gezahlt, sofern der Arbeitnehmer auf Einlegung der Klage verzichtet.
Dem Arbeitnehmer steht dabei jedoch frei, ob er dieses Angebot annimmt. Er kann auch im Wege der Kündigungsschutzklage (unter Beachtung der 3 wöchigen Klagefrist) für den Erhalt seines Arbeitsplatzes kämpfen bzw. im Wege der Klage versuchen, eine höhere Abfindung zu erlangen. Doch auch bei einem gerichtlichen Vergleich bleibt die Zahlung einer Abfindung immer eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, was bedeutet, dass dieser (auch vom Gericht) nicht zur Zahlung gezwungen werden kann.

Eine Kündigungsschutzklage geht stets auf Feststellung des Gerichts, dass die Kündigung unwirksam war und das Arbeitsverhältnis zu bisherigen Bedingungen fortbesteht. Hat die Klage Erfolg, so gibt es natürlich ebenfalls keine Abfindung.

Ist jedoch ersichtlich, dass die Klage erfolgreich sein wird, weil die Kündigung unbegründet und damit unwirksam war, und der Arbeitgeber den Mitarbeiter trotzdem „loshaben“ möchte, dann ist dieser oft bereit, von sich aus eine höhere Abfindung zu zahlen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer ihm nach Erhalt der Kündigung schriftlich angezeigt hat, dass er weiterhin seine Arbeitsleistung anbietet und den Chef damit in Annahmeverzug gesetzt hat, besteht für den Arbeitgeber bei langer Verfahrensdauer das Risiko den inzwischen angefallenen Lohn nachzahlen zu müssen, obwohl der Mitarbeiter während dieser Zeit nicht gearbeitet hat. Er „kauft“ sich mit der Abfindung sozusagen von dem Mitarbeiter „frei“.

Die Höhe der freiwillig zu zahlenden Abfindung hängt dabei also davon ab, welchen Kündigungsschutz der Mitarbeiter genießt. Je schwieriger es für den Arbeitgeber ist, den Mitarbeiter „loszuwerden“, desto mehr wird er dafür zahlen wollen. Ferner sind dabei das Alter des Arbeitnehmers, seine Betriebszugehörigkeit oder auch dessen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.

Als Anwalt muss man daher die Kündigung samt aller unternehmerischen Umstände prüfen, um beurteilen zu können, was im jeweiligen Fall an Abfindungszahlung überhaupt möglich wäre.

Eine Abfindung ist zwar i.d.R. mit der jeweiligen Lohnsteuerklasse zu versteuern, es sind von ihr jedoch keine Sozialabgaben wie Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abzuziehen.

Wird eine Abfindung infolge eines gerichtlichen Vergleichs unter Angabe arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bezahlt, so ist sie nicht auf das Arbeitslosengeld anzurechnen.

Bei Zahlung im Rahmen außergerichtlicher Vereinbarung, z.B. eines Aufhebungsvertrages, besteht jedoch das Risiko von Sperrzeiten und Anrechnung auf das Arbeitslosengeld.

Wenn Mandanten nachfragen, ob der vom Arbeitgeber vorgelegte Aufhebungsvertrag, welcher Zahlung einer Abfindung enthält, so unterschrieben werden kann, ist folgendes zu beachten:
Aufhebungsverträge werden mitunter auch nur deshalb angeboten, weil das Unternehmen weiß, dass eine Kündigung von vornherein unwirksam ist und man den Mitarbeiter behalten muss.
Dann steht zu überlegen, ob es unter Umständen wirtschaftlich vorteilhafter ist, den Aufhebungsvertrag abzulehnen und darauf zu warten, ob überhaupt eine Kündigung erklärt wird oder nicht. Es kommt also darauf an, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behalten möchte oder er eventuell versuchen möchte im Fall einer Kündigung auf dem Klage- bzw. gerichtlichen Vergleichswege eine höhere Abfindung herauszuhandeln.
Wird allerdings ein Aufhebungsvertrag geschlossen, so kann dieser danach nicht mehr im Klagewege (Kündigungsschutzklage) angegriffen werden. Allenfalls könnte er noch angefochten werden, sofern er infolge arglistiger Täuschung, Irrtums oder Drohung geschlossen wurde.
Wie oben schon erwähnt, besteht bei einem außergerichtlichen Aufhebungsvertrag das Risiko von Sperrzeiten und Anrechnung beim Bezug von Arbeitslosengeld:
Arbeitslosengeld wird vom Staat nur für den unverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes bezahlt. Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages gibt man jedoch freiwillig und damit „verschuldet“ seinen Arbeitsplatz auf, so dass man dann nicht sofort Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld hat. Das Arbeitsamt verhängt dann eine mindestens 12 wöchige Sperrzeit, in der keine Zahlung erfolgt.
Eine solche Sperrzeit kann nur dann vermieden werden, sofern der Arbeitgeber vor Unterbreitung eines Aufhebungsvertrages dem Mitarbeiter eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht gestellt hat und ihm eine Abfindung von 0,25 bis höchstens 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr angeboten hat. Ist die Abfindung höher, so kommt es zur Sperre.
Der vom Arbeitgeber unterbreitete Aufhebungsvertrag muss ferner unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und im Hinblick auf betriebsbedingte Gründe geschlossen werden.
Wird also die Kündigungsfrist und damit die Vertragslaufzeit verkürzt, so wird ein Teil der Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet. D.h. neben der Sperrzeit ruht das Arbeitslosengeld bis zu einem Jahr, so dass der Zahlungsbeginn solange in die Zukunft verschoben wird, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitslose 60 % der Abfindung verdient hätte, maximal aber für 1 Jahr. Nach Ablauf des Jahres erhält er restliches Arbeitslosengeld. Während der Ruhezeit ist der Arbeitslose allerdings nicht sozialversichert/krankenversichert und muss selbst für den nötigen Schutz sorgen.
Die Ruhezeit kann somit dazu führen, dass überhaupt kein Arbeitslosengeld bezahlt wird, wenn der Arbeitslose vorher schon wieder eine Arbeit findet (Ruhezeitraum ist z.B. ein Jahr, aber nach 8 Monaten findet der Arbeitslose einen neuen Job, so bekommt er für die 8 Monate Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld).
Es sollte daher nicht voreilig ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen werden. Dazu, welcher Weg bei einer Abfindung für Sie der wirtschaftlich Beste ist, berate ich Sie gerne.